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Saarschleife

Rund um die Saarschleife

Landlust Reisereportage über die Flussschleife der Saar

Flüsse, die lange Schleifen durch Täler ziehen, haben eine magische Anziehungskraft. Man braucht nicht mal den Kopf wenden und sieht den Strom kommen und gehen. Und so unberührt und sanft dahin fließend wie die Saar beim Aussichtspunkt Cloef ist dieses Naturschauspiel ganz großes Kino: In einem scharfen Bogen, den lang gezogenen Inselberg aus Wald eng umarmend. Wenn sich der Frühnebel verzogen hat, leuchten auf dessen Kuppe der rötliche Sandstein der Burg Montclair und das erste gelbe Herbstlaub. Auf dem Wasser schieben sich Frachtschiff und Ausflugsdampfer aneinander vorbei.

Szenen wie diese beobachtet man am besten vom Aussichtspunkt „Cloef“ (sprich: Clöff oder Cleff). Der Felsvorsprung ragt etwa 180 Meter über dem Kerbtal der Saarschleife. Hier treffen die sanften Hügel aus Muschelkalk des Saargaus, das  flachere Merziger Becken und der Hunsrück zusammen, an dessen Rand die Cloef liegt. Typisch für den Hunsrück ist das harte Gestein des Taunusquarzits, das solch steile Hänge und Täler wie an der Saarschleife bildet. Dank dieser landschaftlichen Vielfalt entwickelte sich das nördliche Saarland zu einer beliebten Wanderregion. Auch Dank der vielen Markierungen der Premiumwanderwege, die das Deutsche Wanderinstitut nach festen Kriterien zertifiziert hat. Es gibt zahlreiche regionale Rundwege wie den „Cloefpfad“ oder die „Saarschleife Tafeltour“ – beide führen über den berühmten Aussichtspunkt an der Saar.

Damit sich alle gut verstehen, sind im Dreiländereck die Wander- und Infotafeln an Sehenswürdigkeiten zwei- oder dreisprachig – deutsch, französisch und luxemburgisch. So auch in Luxemburg im Naturschutzzentrum „Biodiversum“ am Haff Réimech, das zur Gemeinde Schengen gehört. In den 1950ern gab es hier im Tal der Obermosel ausgeräumte Gruben vom Kiesabbau. Von einem Paradies wie heute keine Spur. Erst mit den Jahrzehnten füllten sich die Gruben mit Grundwasser. Die Natur eroberte sich ihren Raum zurück. In großen Schritten passierte dies, als das Haff 1998 zum nationalen Schutzgebiet erklärt wurde. Heute registrieren die Forscher Eisvögel, Flussregenpfeifer, Haubentaucher und weitere 250 Vogelarten im Haff Réimech.

Saarländischer Moselwein und römische Funde

Vom Biodiversum aus fährt man über die Moselbrücke und landet in wenigen Minuten im Winzerort Perl – der einzige überhaupt im Saarland. Hier wirtschaften und leben etwa zwei Dutzend Winzer. Ihre Weinkeller sind teilweise für Besucher geöffnet – auf jeden Fall zum Weinfest im Oktober. Dann laden in ihr Weingut auch Thomas Schmitt und seine Frau Tanja ein. Der saarländische Winzer bewirtschaftet Weinberge in Deutschland, Luxemburg und Frankreich. So keltert er im Sinne Europas den „Dreiländerwein“. In der Vinothek steht der Auxerrois auf der Karte, eine typische saarländische Weinsorte, „mit floralem Bouquet und moderater Säure“, beschreibt der Winzer. Ebenso beliebt und typisch für den Muschelkalkboden an der Obermosel sind die Burgundersorten.

Ein Bodenfund besonderer Art gelang um 1900 einem Oberlehrer mit seiner Schulklasse im nahen Perler Ortsteil Borg. Dort gruben sie nach Münzen und entdeckten alte Grundmauern. Sie gehörten zu einer römischen Herrschaftsanlage, die nach den Ausgrabungen rekonstruiert wurde. Die „Villa Borg“ ist heute ein Freilichtmuseum mit römischem Herrenhaus, Badehaus und Garten. Um die Römerzeit in die Gegenwart zu transportieren, betreibt der Koch Christian Heinsdorf die Taverne. Die Gäste bestellen hier Speisen nach alten römischen Rezepten. Römischen Luxus fand man auch zehn Kilometer von der Villa Borg entfernt. Am Ortsrand von Nennig stehen die Grundmauern einer weiteren Villa. An diesem Fundort entdeckte man den größten römischen Mosaikboden nördlich der Alpen: 10 mal 16 Meter groß ist das Bild mit Gladiatoren und exotischen Tieren, erhalten in einem 1853 gebauten Schutzraum.

Kunst und Keramik

Die römische Mosaikkunst aus Fliesen inspirierte Eugen von Boch (1809–1898) zu seinen Fliesenmustern: Er war Mitgründer von Villeroy und Boch, dem Traditions-Hersteller von Keramikwaren. Der Unternehmenssitz in Mettlach befindet sich in der ehemaligen Benediktinerabtei am Saarufer. Sehenswert sind auch das Gästehaus Schloss Saareck und die neugotische Kapelle St. Joseph, die ursprünglich in Wallerfangen, einem Ort bei Saarlouis, stand und im 19. Jahrhundert auf Veranlassung von Eugen von Boch dort Stein für Stein abgetragen und in Mettlach wieder aufgebaut wurde.

Ein Zweig der Familie von Boch lebt seit vier Generationen unweit von hier auf dem Hofgut St. Gangolf – in aller Abgeschiedenheit, zwischen Viehweiden, Obstwiesen und Wäldern. Auch hier führt die ausgeschilderte „Saarschleife Tafeltour“ vorbei. Auf dem Waldweg ist es still. Nur das Laub raschelt unter den Wanderschuhen.

Auf dem Weg zur Saarschleife kommt man an der Burg Montclair vorbei. Ein Weg führt hinab ans Ufer der Saar. Dort hängt eine Glocke. Auf das Klingeln hin kommt Fährmann Matthias Mann. Im Jahr bringt er 25 000 Fahrgäste von der Halbinsel der Saarschleife zurück ans „Festland“ oder umgekehrt. An Bord genießen die Gäste den Blick hinauf zur Cloef. Dass dort seit einigen Jahren der monumentale 42 Meter hohe Aussichtsturm des Baumwipfelpfads über dem Saartal thront, gefällt nicht allen. Der Fährmann weiß aber: „Von denen, die schon oben waren, höre ich immer wieder, dass der Blick auf die Saarschleife noch schöner sein soll als vom traditionellen Aussichtspunkt an der Cloef.“ Um das für sich herauszufinden, muss man sich dorthin auf den Weg machen.